Aachener Hospiz­gespräche

Die 1995 gegründeten Aachener Hospizgespräche sind ein Forum für alle professionellen und ehrenamtlichen Multiplikatoren in der Städteregion Aachen und darüber hinaus, die sich für die Hospizarbeit und Palliativmedizin engagieren. Dieses Netzwerk ist im Laufe der Jahre ständig gewachsen und trifft sich mehrmals im Jahr, um sich miteinander auszutauschen, fortzubilden, zu vernetzen und den Hospizgedanken weiter zu entwickeln.

Ein Mal im Jahr wird aus diesen regional begrenzten Treffen ein großer bundesweiter Kongress mit einem gesundheitspolitischem Fokus, der von Grünenthal Deutschland seit 2006 als Hauptsponsor unterstützt wird. Diese Aachener Hospizgespräche locken jährlich bis zu 400 Teilnehmer aus der ganzen Republik nach Aachen. Neben Palliativmedizinern, Schmerztherapeuten, Onkologen, Geriatriespezialisten nehmen Kassenvertreter, Gesundheitspolitiker, Vertreter der ärztlichen Selbstverwaltung, Pflegewissenschaftler, Seelsorger, Trauerbegleiter, Ehrenamtler im Hospizdienst, Pflegedienst-Mitarbeitende, Patientenvertreter, Versorgungsforscher und viele andere Experten an den Aachener Hospizgesprächen teil.

117. Aachener Hospizgespräch Personalmangel – Was nun? Herausforderungen und Möglichkeiten in der Palliativversorgung und Hospizarbeit

Bürokratische Hürden abbauen, attraktivere Rahmenbedingungen schaffen: wie gute Palliativversorgung auch in Zeiten des Personal- und Fachkräftemangels langfristig gelingen kann

Aachen/Stolberg, 4. Mai 2024. Beim 117. Aachener Hospizgespräch stand das allgegenwärtige Thema des Personal- und Fachkräftemangels im Mittelpunkt der Diskussion. Zwar ist die Branche grundsätzlich von dem Problem noch nicht so stark betroffen wie andere Bereiche, weil das System immer noch mehr Zeit für die Betroffenen und deren Angehörige einplant und viele Einrichtungen personell daher vergleichsweise gut aufgestellt sind. Dennoch steht die Hospiz- und Palliativversorgung bereits jetzt und vor allem in den kommenden Jahren vor gewaltigen Herausforderungen. Diese müssen dringend gelöst werden, denn es ist nicht akzeptabel, dass schwerstkranke und sterbende Menschen und ihre Angehörigen aus Zeit- und Personalmangel in der Versorgung ‚abgefertigt werden‘. Auf dem bundesweiten Kongress reflektierten die rund 300 Expert*innen aus Politik, Kassenwesen, Medizin, Pflege, Ehrenamt, Seelsorge und Wissenschaft wie gewohnt aus multiprofessioneller Perspektive die aktuelle Situation und diskutierten mögliche Lösungswege und -strategien.

Ein zentrales Thema war die Notwendigkeit, vorhandene Potenziale und Ressourcen besser zu nutzen, insbesondere durch eine bessere und schnellere Integration von zugewanderten Fachkräften. Die langwierigen Anerkennungsverfahren für Personal etwa aus dem ärztlichen und pflegerischen Bereich aus dem Ausland wurden als großes Hindernis identifiziert. Eine Beschleunigung dieser Verfahren und die Schaffung niederschwelliger Zugänge zum Arbeitsmarkt seien essenziell für die Nutzung der Potenziale von Menschen mit Fluchterfahrung. Hier sei die Politik auf kommunaler ebenso wie auf Landes- und Bundesebene gefordert, Bürokratie abzubauen und Zugänge zu erleichtern.

Ein naheliegender Ansatz, um Personalprobleme temporär oder langfristig zu lösen oder zumindest zu mildern, sei die noch stärkere Einbindung des Ehrenamts. Dieses sei zwar enorm wertvoll und unersetzlich für die Hospiz- und Palliativversorgung und müsse auch strukturiert Sektoren in den Regionen unterstützen. Das Ehrenamt sei jedoch gewiss nicht die Antwort auf alle Fragen und dürfe vor allem nicht zum Lückenbüßer für den zunehmenden Personal- und Fachkräftemangel werden, waren sich die Expert*innen einig.

Viel entscheidender für die nachhaltige Verbesserung der Situation sei das stärkere einrichtungsübergreifende Denken und Handeln im Sinne der Caring Communities, also Gemeinschaften in den Regionen, in denen Menschen füreinander sorgen und sich gegenseitig unterstützen. Vom Krankenhaus über die Altenhilfe bis hin zum ambulanten Pflegedienst müssten die Einrichtungen in einem Quartier noch enger zusammenarbeiten und strukturiert evaluieren: ‚Was haben wir für Ressourcen und wie können wir die Versorgung noch übergreifender denken‘? Es brauche gemeinsame Notfall- und Versorgungskonzepte, um den aktuellen und künftigen Herausforderungen begegnen zu können.

Entscheidend für den langfristigen Erfolg sei schließlich auch, die Berufe im Bereich der Hospiz- und Palliativversorgung attraktiv und zukunftsfähig zu gestalten. „Aus dem Arbeitgeber*innen ist heute ein Arbeitnehmer*innenmarkt geworden. Gutes Personal wird an allen Ecken und Enden gesucht, und deswegen müssen die Jobs für junge Menschen viel attraktiver gestaltet werden.“, sagte Kongress-Gastgeberin Veronika Schönhofer-Nellessen, Leiterin des Bildungswerkes Aachen und der Servicestelle Hospiz und Geschäftsführerin des Vereins Palliatives Netzwerk für die Region Aachen e. V. „Hier sind vor allem die Träger gefordert, sich zu öffnen und Jobs viel flexibler als in der Vergangenheit auf die Wünsche und Bedürfnisse potenzieller Arbeitnehmer*innen zuzuschneiden. Vielen Menschen denken im Moment: ‚Diesen Job mache ich auf keinen Fall. Wo ist die Work-Life-Balance, wenn ich an jedem zweiten Wochenende arbeiten muss?‘ Die Jobs müssen daher viel familien- freizeit- und menschenfreundlicher gestaltet werden als in der Vergangenheit.“ Solche Faktoren seien gerade für junge Menschen heutzutage viel wichtiger als die bloße Bezahlung. Hier alte Gewohnheiten über Bord zu werfen und sich neuen Strukturen und Konzepten zu öffnen, sei nicht nur wichtig im Hinblick auf neues Personal, sondern auch um die bereits vorhandenen Mitarbeitenden zu motivieren und bei der Stange zu halten.

Der bundesweite Kongress mit jährlich bis zu 400 Teilnehmern zu aktuellen Themen der hospizlichen wie palliativen Versorgung findet seit 2006 einmal jährlich im Rahmen der Aachener Hospizgespräche statt. Die organisierende Servicestelle Hospiz für die Städte-Region Aachen wurde aus den Aachener Hospizgesprächen heraus ins Leben gerufen, um die Koordination der Hospizgespräche und des Netzwerkes zu übernehmen, Fortbildungen anzubieten, die Öffentlichkeitsarbeit weiterzuentwickeln und am Hospiztelefon zu beraten. Unterstützt wird der bundesweite Kongress von der Grünenthal GmbH, der Caritas-Gemeinschaftsstiftung für das Bistum Aachen und der StädteRegion Aachen